Papua / Irian Jaya - Der Stamm der Asmat

Der Stamm der Asmat - Weltbekannte Schnitzkunst

In der Asmat-Region betreten wir ein Gebiet, dessen Bewohner fest in ihrem transzendenten Glauben verhaftet sind und ihre darin verwurzelte Schnitzkunst den Stamm der Asmat weltweit bekannt gemacht haben.

Wir befinden uns an der südlichen Küste Westpapuas im Asmatgebiet rund um die Stadt Agats, dem regionalen Zentrum der Region. Der Asmat-Stamm umfasst etwa 80.000 Mitglieder, welche sich aber infolge unterschiedlicher Sprachen, Riten und künstlerischer Ausdrucksformen in zwölf verschiedene Kulturgruppen einteilen lassen. Für den Namen „Asmat“ gibt es verschiedene Quellen, am wahrscheinlichsten scheint die Deutung „die wahren Menschen“ zu sein.

Papua - Stamm der Asmat

Das Asmat-Gebiet

Das Land der Asmat ist durchzogen von Sümpfen und tropischem Regenwald. Es ist etwa 30.000 km² groß. Man erreicht ihr Gebiet am besten über einen Anflug mit dem Charterflugzeug aus Wamena auf Agats, direkt an der Küste der Flamingo-Bucht. Danach wird der Einbaum das gebräuchlichste Transportmittel, was sich bei der verzweigten Flusslandschaft anbietet. Außerdem lässt sich die Gezeitenströmung nutzen.

Die Flüsse in der Küstenregion fließen eher träge und ändern infolge der Gezeiten zyklisch ihre Strömungsrichtung. So fließt Salz- und Brackwasser regelmäßig weit in das Landesinnere und bildet Salzwassersümpfe. Dieses Schwemmland ist geprägt von weiten Magrovenwäldern sowie Sago- und Nipapalmen. Weiter im Landesinneren stößt man auf von der Flut unberührte Gebiete – und damit auf Süßwassersümpfe.

Ernährung und Kleidung

Infolge ihres wasserreichen Lebensraumes gehören Meerestiere zu den Hauptnahrungsmitteln der Asmat, was auch Wasservögel, Schildkröten, ja sogar Krokodile einschließt. Traditionell sind die Asmat der Küstenregion Jäger und Sammler, da das Meerwasser ihres Schwemmlandes Landwirtschaft nahezu unmöglich macht. Außer ihren Hunden verzichten sie auch weitgehend auf Tierhaltung.
Die Inland-Asmat dagegen halten Haustiere wie Schweine und Hühner und betreiben Landwirtschaft in begrenztem Rahmen. Der zunehmende Kontakt mit der Moderne hat auch ihr Leben beeinflusst.
Die Sagopalme spielt eine wichtige Rolle als Nahrung und Werkstoff in ihrem Leben. Ihr Mark wird zerstoßen, zu Brei verarbeitet und verfeinert. Oft werden die Larven des Capricorn-Käfers diesem Brei beigemischt, der dann zu Bällen gerollt und geröstet wird.

Kleidung und martialischer Körperschmuck

In der Vergangenheit verzichteten die Männer gänzlich auf Kleidung, die Frauen trugen eine Art Rock aus Gras und Schnüren. Heute dominiert westliche Kleidung, bei Feierlichkeiten wird aber auch hier nicht auf das Penisfutteral aus dem Schnabel des Nashornvogels verzichtet. Aufsehen erregt für den unvorbereiteten Besucher der martialische Körperschmuck. So tragen asmatische Krieger furchterregende Piercings in der Nasenscheidewand, große Platten aus Muscheln, welche wilde Tiergrimassen assoziieren sollen.

Die einzigartige Schnitzkunst der Asmat

Die Asmat haben es in der Kunst des Schnitzens zu einer vielbeachteten Fertigkeit und religiösen Komplexität gebracht, dass es ihre Kunstform bis in die etablierte Kunstwelt geschafft hat. Inzwischen werden horrende Preise für Statuen, Pfähle und andere Kunstschätze aus Holz gezahlt.

Religion als Quelle der Asmat-Kunst

Kunst und Kultur der Asmat sind nicht ohne ihre tiefe Verbindung zu transzendenter Lebensweise, Religion und Philosophie zu verstehen. Die asmatische Religion zielt auf den Erhalt eines kosmischen Gleichgewichtes in allen Lebensbereichen. Streit, Verletzungen oder Tod können Ungleichgewichte erzeugen, die es wieder auszugleichen gilt. List und Tricks sind erlaubt. Ziel ist ein harmonischer Zustand. Dabei ist das menschliche Handeln auch immer eine Interaktion mit dem gesamten Kosmos, also Teil des kosmischen Gleichgewichts.
In der Asmat-Religion gibt es nicht den einen Schöpfer, nicht den Moment des schöpferischen Anfangs. Alles war schon immer da. Kosmos, Planeten, Menschen, Tiere, Pflanzen, alle tragen eine Seele und Energie in sich und können untereinander transformieren. Ziel ist die eigene Stärkung durch diese religiösen Energien.

Die Kunst als Verbindung zum Spirituellen

Die Kunst bildet die Brücke zwischen der Seele und dem Körper. Der Künstler stellt mit seiner Kunst diese Verbindung zwischen den Dingen, Gegenständen, Körpern und dem Spirituellen her. Er ist in der Lage, Objekten eine Seele zu geben. Das Kunstwerk, die Schnitzarbeit, das spirituelle Lied, die Kulthandlung – all das können diese Brücken sein.

Künstler als Häuptlinge und Träger des spirituellen Wissens

Die Künstler („cescuipit“) genießen dementsprechend ein sehr hohes Ansehen in der Hierarchie der Häuptlinge. Je nachdem, mit welcher Kunstform sie ihrem Clan dienen, werden sie eingeordnet und nach ihrem Können, ihrer Reife und Ausstrahlung beurteilt.

In der Reihe der Sänger, Musiker und Erzähler werden die Holzschnitzer (cescu-wow-ipit) hoch geschätzt. Sie leiten die Helfer, meist Jüngere bei der Arbeit mit Schnitzkunstwerken an. Ein Holzschnitzer hat das spirituelle und handwerkliche Wissen und kann es in seinem Kunstwerk einbringen.

Für den Künstler gehören traditionelle Riten, Festlichkeiten, die Jagd und die Kunst eng zusammen, die angestrebten Ziele stehen aber fest auf dem Boden des Hier und Jetzt: auch für die Asmat sind Gesundheit, Ansehen und eine große Familie erstrebenswert. Dafür sind immer wieder frische Energien nötig. Unter anderem deswegen tauschen die Asmat ihre Frauen, um von der Kraft der so beschenkten Krieger zu profitieren. Diese Kraft findet sich in ihrer beeindruckenden mit aufwendigen Ornamenten verzierten Schnittkunst wieder.